vorwärts zu ,,Verherrlichung´´

Der Leidensweg

Nun beginnt der qualvolle Leidensweg der Jungfrau. Wo ist ihr Mut größer, auf dem Schlachtfeld oder in tiefer Kerkernacht?

Der Bâtard von Wandonne übergibt sie seinem Herrn Johann von Luxemburg. Dieser ist abhängig vom Herzog von Burgund. Man bringt sie auf Schloß Beaulieu, nach einem Fluchtversuch auf die Feste Beaurevoir. Noch einmal tritt Liebe ihr entgegen, die Edeldamen umhegen und pflegen sie in tiefer Verehrung. Nun bieten die Engländer eine hohe Geldsumme bei Auslieferung an. Jeanne macht einen weiteren Fluchtversuch. In schweren Ketten schickt man sie nach Rouen.



Ist es nicht auch im Christentum so? Bedford und sein willenloses Werkzeug, der Bischof von Winchester, sinnen Jeannes Verderben. Pierre Cauchon und die Universtität Paris müssen ihren hinterlistigen Plan ausführen. Man setzt einen Gerichtshof zusammen, vorsichtig. Eine Inquisitionssitzung folgt der andern. Mutig und beherzt, trotz aller schmachvollen Behandlung während eines langen, bangen Jahres Haft, beantwortet Jeanne das immer wieder erneute Kreuzfeuer übelwollenden Verhörs. Aber alle feindseligen Anschläge sind im Grunde vergebens. Wer ermißt die Macht des Gebetes! Ihre Seele bleibt Gott geeint. Und der Allmächtige schickt ihr Trost, der Allwissende läßt sie warnen, der Allheilige hält sie im Guten. So mag ihr selbst die verwirrende Szene auf dem Friedhof zu Ouen zutiefst nichts schaden. Die Grausamkeit ihrer Feinde kennt keine Grenzen. Selbst am Tage des Todes steigen die Peiniger in den Kerker; sie möchten so gerne durch verfängliche Fragen dem ermatteten Kinde irgendeine unsichere Antwort ablauschen, die den Schein des Unrechts trüge und das falsche Todesurteil bemäntelte. Vergebens! Unverrichteter Sache ziehen sie sich zurück. Peter Maurice ist der letzte. Er ist der Jungfrau wohl gesonnen. "Wo werde ich heute abend sein?" fragt sie den Doktor. "Hast Du denn kein großes Vertrauen zu Gott?", entgegnet er. "O ja", antwortet sie, "mit Hilfe Gottes werde ich heute abend im Paradiese sein!" Er ging. Nun war sie mit Frater Martin allein. Sie sprach ihren sehnlichsten Wunsch aus, den Heiland zu empfangen. Seit sechs Wochen hatte man es ihr trotz aller Bitten versagt. Der Dominikaner überlegte. Wie konnte man das für sie, die als "Ketzerin" verbrannt werden sollte, erreichen? Er schickte eilends zu Bischof Cauchon. Im Kreise seiner Beisitzer entschied dieser mit Ja. Auch alles übrige, was sie wünschte, solle ihr gewährt werden. Ein wenig später trat schon ein Preister mit der hl. Hostie ein. "Kehrt um", rief ihm Ladvenu entrüstet zu, "und kommt wieder, wenn die nötigen Zeremonien bereit sind." Der Priester tat, was ihm befohlen. In feierlichem Zuge nahte sich darauf der Priester, manche Fackeln beleuchteten ihren Weg, Gebetsruf verkündigte ihr Kommen. Mit engelgleicher Andacht empfängt Jeanne die heilige Kommunion. Die Anwesenden weinen.

Am 30. Mai 1431 aber weinen draußen auf dem Alten Markt Scharen rauher Männer. Da kniet sie denn, die Jungfrau, die nur Gutes tat, und ruft mit lauter Stimme die allerheiligste Dreifaltigkeit, die Gottesmutter, die Heiligen des Paradieses an. Noch einmal bekennt sie feierlich ihren Glauben, erfleht vom Himmel Verzeihung für alle Fehler ihres Lebens, bittet den König um Verzeihung, sollte irgend etwas durch sie geschehen sein, was nicht recht, bittet um Verzeihung alle Umstehenden, selbst die Feinde. Dann bittet sie alle insgesamt um Gebet und die Priester insbesondere um eine Messe für ihre Seelenruhe. Nach einem Kreuz verlangt sie. Ein Soldat, voll Mitleid gerührt, bildet eines aus zwei rauhen Stämmen und reicht es ihr. Innig küßt sie das Zeichen der Erlösung und birgt es unter ihrem Gewand. Sie verlangt ein anderes Kreuz, das den Heiland, den Mann der Schmerzen trägt. Als sie dann den Scheiterhaufen bestiegen hat, fleht sie den Dominikaner Massieu, der aus dem nahen Gotteshause ein Kruzifix geholt: "Ich bitte Euch, haltet das Kreuz mir vor die Augen und laßt nicht ab, es mir zu zeigen." Klick: Bild 126kB: ,,Jhesus, Maria´´ (Anschlagplakat) Dann bekennt sie noch einmal laut und feierlich: "Ich erkläre noch einmal, meine Stimmen waren von Gott. Auf göttlichen Befehl tat ich alles Gute. Nein, nein, meine Stimmen haben mich nicht getäuscht, sie kamen in Wahrheit vom Himmel. " Sie läßt den Dominikaner hinuntersteigen. "Haltet das Kreuz hoch empor vor meine Augen, bis zum letzten Augenblick." Rauch umhüllt sie. "Weihwasser", ruft sie. Todesnot. "Jesus, Jesus!" betet sie mit ermattender Stimme. Ein Soldat tritt in ihre Nähe. Böse von Herzen, will er ein Scheiterholz beisteuern. Da nimmt die Heldenjungfrau noch einmal alle Kraft zusammen: "Jesus!" ruft sie mit lauter Stimme. Dann neigt sie sanft das Haupt. Der Soldat aber sieht im selben Augenblick eine weiße Taube aus den Flammen zum Himmel emporsteigen. Vor Schrecken ohnmächtig, sinkt er nieder.

Noch ist das Feuer nicht verlöscht, da erheben sich Stimmen zum Lobpreis der Jungfrau. "Möge es Gott gefallen", ruft Johann Alépée, ein Priester Rouens, unter Tränen aus, "daß meine Seele dort sei, wo ich glaube, daß die Seele dieser Frau ist." Johann Tressart, der Sekretär des englischen Königs, bekennt trotz seiner hohen amtlichen Stellung öffentlich: "Eine treue Christin ist soeben gestorben; ich glaube, daß ihre Seele in den Händen Gottes ist, und ich glaube, daß alle die verdammt werden, die zu ihrer Verurteilung beigetragen haben." Das lauteste Zeugnis aber legt der Henker ab. Unter der glimmenden Asche findet er das blutende Herz. Er nimmt Öl, Schwefel, Kohle, um es zu verbrennen. Die Flamme steigt auf, - aber - o Wunder, das Herz bleibt unversehrt. Es blutet. Er erschauert und flieht vom Ort, flieht ins Kloster der Dominikaner. "Niemals werde ich von Gott Verzeihung erlangen", stöhnt er auf, "denn ich habe eine heilige Frau verbrannt." Er beichtet, wie es Martin Ladvenu und Isambard de la Pierre ihm raten. Die Behörde bleibt noch kalt: "Werft all das in die Seine!" O blutendes Herz, o heilige Asche! - - -

Des Volkes Stimme bricht sich gewaltsam Bahn: "Eine Heilige! Man hat eine Heilige verbrannt!"



vorwärts zum Seitenende

Verherrlichung

Gottes Urteil erweist sich in der Bestrafung der Ungerechten. Gottes Urteil erweist sich in der Erfüllung der Weissagungen der Jungfrau. - Gottes Urteil erweist sich in der Wiederherstellung ihrer Ehre von seiten der Zeitgenossen und der Nachwelt.

Furchtbar ist der Arm Gottes in der Rache für die qualvollen Leiden seiner Gottgesandten:
Nikolaus Midi, den Prediger auf dem Alten Markt, trifft der Aussatz.
La Trémoïlle wird vom Hofe verbannt; an seine Stelle tritt wieder der ein, den er in blindem Hasse verfolgt, Richemont, der Connetable.
Der Bischof Cauchon wird auf dem Konzil in Basel exkommuniziert; das Erzbistum Rouen hat er nicht erhalten. Er stirbt eines plötzlichen Todes.
Jean d'Estivet findet man ertränkt in einer Kloake.
Der englische König Heinrich VI. stirbt, verraten von den Seinen, eines gewaltsamen Todes.
Loyseleur wird vom Kapitel zu Rouen verworfen, er stirbt in Basel, wohin er geflüchtet, plötzlich. Um manchen Namen könnte man die Liste noch verlängern.

Klick: Bild 243kB: Wunder der Heilung von Mme. A. Mirandelle in Orleans Die Weissagungen Jeannes erfüllen sich:

1.Am 21. September 1435 kommt das große Ereignis zustande, das das Königreich in Staunen versetzt: der Herzog von Burgund versöhnt sich mit Karl VII.; diese Einigung stärkt unberechenbar die Waffenkraft Frankreichs.
2.Am 16. April 1436 nimmt der Connetable Richemont im Namen des Königs Besitz von Paris; am 12. November hält der Herrscher seinen feierlichen Einzug.
3.Der Herzog Karl von Orléans kehrt 1440 aus der englischen Gefangenschaft zurück.
4.Allmählich unterwirft ganz Frankreich sich dem gesetzmäßigen Herrscher, die Engländer sind vom Lande vertrieben: 1449 kehrt die Normandie in französichen Besitz zurück. 1451 Guyenne. Talbot versucht das Verlorene zurückzuerobern. Am 17. Juli 1453 findet er in der furchtbaren Schlacht bei Castillon den Tod. Am 9. Oktober 1453 nannten die Engländer nur noch ihren alten Seehafen Calais ihr eigen. Karl VII. herrschte nun ganz über das eroberte Land.



zurück zu ,,Der Leidensweg´´ weiter in der Geschichte zurück zu ,,Verherrlichung´´





zur großen, allgemeinen Themenübersicht "Wunderland bei Nacht"
Home - Startseite